26 juli 2017
3 minuten
Han Joosten ist Marktforschungsleiter beim Projektentwickler BPD Immobilien – ein Unternehmen, dass sowohl in den Niederlanden als auch in Frankreich und Deutschland. In diesem Jahr will BPD in Deutschland 2000 Wohnungen errichten, bis 2021 sollen es jährlich mindestens 4000 sein. Die Deutschen machten sich das Bauen viel zu kompliziert, sagt Joosten.
Berlin hatte vor hundert Jahren mehr Einwohner als heute, und es gelang anscheinend, viel schneller die nötige Infrastruktur, S- und U-Bahn, zu bauen. Haben wir das verlernt?
Ich beobachte, dass man in Deutschland beim Thema Stadtplanung eher von Schwierigkeiten als von Herausforderungen spricht. Wenn man sich einmal andere wachsende Städte in Europa anschaut, versteht man das: Lyon, Malmö oder Kopenhagen begreifen Infrastrukturkosten nicht als Kosten, sondern als Investitionen.
Aber Sie sagten ja, es liegt nicht nur am Geld, sondern am Bauland.
Geben Sie uns morgen den Schlüssel für Gebiete wie die Elisabeth-Aue in Berlin, und wir entwickeln das gesamte Gebiet – wesentlich schneller und effizienter, als es der Bezirk kann, und für weniger Geld. In den Niederlanden gibt es das Konzept des Umgebungsplans. Da werden künftig ganze Baugebiete von Projektentwicklern in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden durchgeplant und bebaut. In Deutschland ist das gar nicht möglich.
Die Gemeinden haben oft Bedenken, dass ein privates Unternehmen nur an Rendite interessiert ist und deshalb eine dysfunktionale Stadt baut.
Die Planungshoheit, die Straßenbreite, die Bahnhöfe sind natürlich weiterhin Sache der Kommune. Und wenn uns die Gemeinde sagt, wir sollen 30 oder 40 Prozent der Wohnungen im sozialen oder preisgünstigen Wohnungsbau errichten, dann halten wir uns auch daran. Am Ende verdienen wir auch Geld, ja. Aber wenn wir gemeinsam mit der Stadt planen, haben alle etwas davon. Es geht schneller. Wir haben in den Niederlanden 2017 die gesamte Planungsgesetzgebung gelockert, und alle Parteien im Parlament haben zugestimmt. Ab 2019 gibt es keine Bebauungspläne mehr, sondern Umgebungspläne. Dabei werden im Vorfeld die Ziele einer Umgebung definiert, gemeinsam mit Bürgern und Umweltvertretern. Es wird aber vieles offen gelassen, zum Beispiel wie viele Stellplätze es geben muss. Solche Dinge, auch die Höhe von Gebäuden, können später dann noch einzeln genehmigt werden. Hauptsache, man fängt einmal an. Schon jetzt, in 2017, laufen als Vorbereitung in vielen Gemeinden solche „Entschlackungsprojekte“ – auch mit 30 Prozent weniger Bauvorschriften als früher.
Dann muss man sich aber später immer wieder um Nachgenehmigungen kümmern.
Vieles wird später verhandelt, aber ohne rechtliche Ansprüche und ohne Rechtsverfahren. Ein Beispiel: In einem Wohngebiet sollen 40 Prozent Sozialwohnungen entstehen. Dann kommt ein Bauträger und sagt, ich kann in Holzständerbauweise sehr günstig bauen, für 1100 Euro den Quadratmeter. Allerdings müssen die Häuser sechs statt vier Etagen haben. Da dürfen die Bürger dann keine Einwände mehr vorbringen, weil das Hauptziel war, günstige Wohnungen zu bauen. Oder Thema Lärm: Wenn neue Wohnungen an einer Hauptstraße entstehen, kann man im Umgebungsplan auch festlegen, dass nicht die üblichen Standardgrenzwerte eingehalten werden müssen.
Schwierig.
Warum? Es geht doch politisch auch darum, schnell günstige Wohnungen für Familien zu schaffen. Ich weiß, in Deutschland ist das kaum vorstellbar, weil die Behörden unbedingt ---viele Details in Genehmigungsverfahren kontrollieren wollen oder müssen.
Het volledige interview vindt u hier.
Cover: ‘duitsland vlag’